Tinas Lapplandtagebuch

Lappland 1999

2. – 18. April 1999

Per Ski und Pulka durch Schwedisch-Lappland von Abisko nach Nikkaluokta

Annette + Tina

Nach dem Original meines Tagebuchs

Vorwort

Die Idee zu diesem Unternehmen wurde kurz nach Johannes' Tod geboren. Ich habe im Herbst '98 eine Vision von einer Skidurchquerung der Hardanger Vidda mit Annette. Umgehend schlage ich Annette den Plan vor. Sie ist sofort begeistert, da sie so etwas schon seit Jahren vorhat. Allerdings möchte sie lieber nach Schwedisch-Lappland. Ich willige sofort ein.

Im Laufe des Winters 98/99 laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Telemarkski- und Pulkakauf lassen meine Finanzen nicht allzusehr in die Höhe schnellen. Annette baut sich ihre Pulka in monatelanger Arbeit selber. Wird echt super.

Eine erste Probetour führt uns zur Matona. Die Pulkas bewähren sich gut. Ich unternehme noch viele Probetouren im Engadin, besonders ins Val Roseg und über die zugefrorenen Seen bei Samedan. Die Telemarkski gleiten ohne Felle super. Die Vorbereitungsphase macht viel Spaß.

Karfreitag, 2. April 1999

Es ist Karfreitag. Zu Hause schönstes Wetter und warm. Marco und Fred wollen ins Hinterrheingebiet zum Skitourengehen. Sie verlassen uns ganz früh morgens. Ich bin ganz aufgeregt und rufe um 6 Uhr Annette an, um meine Aufregung loszuwerden. Aber sie will noch nichts wissen. Also fange ich an, meinen restlichen Kram zu packen und die Yogis zu versorgen. Um 10.30 Uhr hole ich Annette ab, dann wuchteln wir meine Pulka ins Auto. Wir sind um ca. 11.40 am Hafenbahnhof in Friedrichshafen. Um 12.40 fährt unsere Fähre nach Romanshorn. Genieße nun den Urlaubsbeginn. Wir warten gemütlich auf die Fähre. Wuchteln alles drauf und nehmen oben ganz vorne Platz. In Romanshorn wird uns hilfreich unter die Arme gegriffen: Ein Fährmensch bringt uns ein Wägelchen, ein anderer hilft beim Tragen. Die Zöllner nehmen unseren Gepäckberg mit Humor: “Mount Everest, häh? – Nein Lappland. – Wo ist denn Lappland?” Am Zug wiederum ein netter Schaffner, der uns auch fotographiert.

Zugfahrt bis Zürich ca. 1 Stunde. Am Flughafen geht die Wuchtelei erst richtig los. Es gibt nur Laptop-Aufzüge und wir müssen jedesmal die Pulkas und das Gepäckwägelchen getrennt in den Aufzug laden. Und wenn man nicht aufpasst, fährt einem der Aufzug mittendrin davon. Außerdem ist der Flughafen völlig überheizt und schlecht beschildert. Uns läuft die Soße nur so runter.

Beim Einchecken haben wir echt Glück: Ich habe 11 kg Übergepäck, Annette 5 kg. Aber wir müssen nichts bezahlen. Beim Handgepäck sind 10 kg erlaubt. Anschließend streben wir zur Besucherterrasse, was sich als recht kompliziert erweist (kostet SFr 2, man wird kontrolliert und darf keinen Rucksack mit auf die Terrasse nehmen). Eine Frau hinter uns in der Warteschlange meint ganz verächtlich zu ihrem Mann, nachdem sie uns von oben bis unten gemustert hat: “Das sind die modernen Frauen von heute.” Mich amüsiert so etwas immer. Draußen ist es ganz gut auszuhalten. Wir genehmigen uns ein Eis und ein Rivella. Um 17.25 Uhr boarden wir und pünktlich um 17.55 Uhr hebt die SAS-Maschine Richtung Norden ab. Annette kriegt beim Start Angstattacken. Die Alpen sind schwach im Dunst sichtbar. Der Flug bis zur Küste ist ziemlich diesig. Südschweden ist gut zu sehen. Anflug auf Stockholm bei Dämmerung.

Schöne Beleuchtung, die Straßen sehen wie erleuchtete Bänder aus. Stockholm macht einen gemütlichen Eindruck. Direkt drum herum beginnen Wälder, Seen und Schären. Die Seen sind noch alle zugefroren. Schnee liegt aber nicht mehr.

Wir haben 1 Stunde Aufenthalt in Stockholm. Unser Gepäck müssen wir in Empfang nehmen, durch den Zoll bringen (interessiert niemanden) und wieder aufgeben. Die Hoffnung, daß es in Stockholm im Flughafen schon kälter ist, hat sich zerschlagen. Als ich an einer Scheibe lehne, ist sie anschließend klatschnaß. Ansonsten ist nicht mehr viel los auf dem Flughafen. Um 21.20 Uhr Weiterflug nach Kiruna. Keine Sitzplatz-Verteilung mehr. Flugzeug proppevoll im Gegensatz zum Stockholm-Flug. Leider ist es dunkel, der Flug wäre wolkenfrei. Ich schlafe. 23.00 Uhr Ankunft in Kiruna. Endlich kalte, frische Luft.

Kleines rotes Flughafengebäude mit Braunbär. Rufe Taxi. Alle Taxis sind hier mindestens Volvokombis, also haben wir kein Platzproblem mit unseren Pulkas. Um 24 Uhr sind wir am Youth Hostel. DerTaxifahrer wartet, bis wir im Haus sind. Netter Herbergsvater. Wir bekommen ein 4-Bett-Zimmer für uns allein. Ruckzuck sieht es wie bei Tina aus. Die Pulkas haben beide unten an derselben Stelle Transportschäden, Risse und Lack abgeblättert. Aber Uhu-Plus repariert alles. Kann schlecht einschlafen, bin ganz aufgewühlt.

Ostersamstag, 3. April

Das Kocherbenzin ist da ! Ute hatte zwei Pakete mit 8 Litern Benzin kostenlos für uns nach Kiruna vorausgeschickt (zwei Wochen vorher).

Stehen um 8 Uhr auf. Schönes Wetter. Die Läden sind bis ca. 13 Uhr offen. Kaufen als erstes ein. Relativ kleiner Laden, bekommen aber alles, auch Rödsprit (Spiritus). Kostenpunkt DM 300, abartig! Bummeln anschließend durch Kiruna-Downtown.

Sehr klein, hat den Charme amerikanischer Städte. Als ich zwischen den Häusern hindurch zum ersten Mal die Tundra sehe, bleibe ich stehen und bin überwältigt von der Weite. Die Gehwege sind überall eisgepanzert. Sightseeing-Tour zur Kirche von Kiruna. Ist sehr schön und besteht komplett aus dicken Holzschindeln.

Abends wird das Essen verpackt und alles für den morgigen Start vorbereitet.

Bestelle Taxi für den Bahnhoftransport für 9.15 Uhr.

Wetter super

Ostersonntag, 4. April

Stehen um 6 Uhr auf. Wetter immer noch super. Packen alles in Ruhe zusammen. Das Taxi kommt pünktlich um 9.15 Uhr und bringt uns für SKr 160 zum Bahnhof. Wuchteln alles in den Zug. Abfahrt 9.53 Uhr. Preis bis Abisko Turiststation SKr 100/Person. Fahrtzeit 1 Stunde. Gemütlicher Zug, überall Ski und Rucksäcke. Richtung Norden Wetterverschlechterung. Es beginnt zu schneien, starker Westwind. Bei der Ankunft erwartet uns ein Schneesturm.

Wir packen unsere Pulkas im Windschatten des kleinen Bahnhofhäuschens. Im Häuschen lauter “Echte” mit dicken Rucksäcken. Ziehen Pulkas bis Kungsleden-Start. Gehen dann zur Turiststation und kaufen noch 500 g Käse (trotz Annette's Protest) und Aufnäher. Start am Kungsleden um 13 Uhr.

Mit Annette's Führung landen wir auf dem Abisko-Fluss. Ist uns beiden nicht so geheuer, da er breit ist und sich am Ufer die Eisplatten übereinanderschieben. Nach dem kleinen, schönen Abisko-Canyon mit bizarren Felswänden kommen wir auf den markierten Winterweg zurück. Über einen kleinen See erreichen wir wieder den Kungsleden.

Viele Bodenwellen von Skiscootern. Die Pulka rüttelt ganz gut am Gurt. Bei Abisko kaum Schnee, überall ist das Heidekraut sichtbar. Ca. 20 cm Pulverschnee, im Gelände Gemörfe, schwer zu spuren. Skiscooterspur von demher ganz angenehm zu laufen. Laufen erst mit Fellen, dann ohne. Geht ganz gut bis zum “Siebengebirge”. Hier viele steile Stiche. Annette wird an einer unübersichtlichen Stelle fast von einem Scooter umgefahren. Schnee inzwischen höher. Überall Knorpelbirken. Zelten im Windschatten eines Birkenwäldle.

Die Häringe sind schwer zu verankern, da Gemörfe. Hören hin und wieder Schneehühner. Heben Kochgrube aus. Bis ca. 21.15 Uhr ist es einigermaßen hell. Morgens um 4 Uhr wieder hell.

-1°C, blaue Löcher, Schneefall, Wind hat sich etwas gelegt

Ostermontag, 5. April

1°C, teilweise bedeckt mit blauen Löchern und Schneefall

Unsere 1. Nacht out! Gut geschlafen. Bin bereits um 5 Uhr hellwach. Schlafe aber nochmals ein. Von 8 – 9.30 Uhr Tagebucheintragungen. Dann wird gerödelt. Einige Hundeschlitten kommen vorbei. Echt eine super Sache. Bin ganz fasziniert. Zelt dank Wind trocken. Kommen um 11.40 Uhr los. Die Reststrecke bis zum Abiskojaure ist eben. Hin und wieder kommen Schneescooter mit großen Anhängern und Rentierfellen vorbei. Am Seeanfang hören die Wintermarkierungen auf. Erinnert mich etwas ans Engadin. Eine Riesenfläche liegt vor uns. Da ich dem Eis mißtraue frage ich einen Schweden nach den Eisverhältnissen. Er meint 25-50 cm Eisdicke. Eine Scooterspur führt über den See. Wir folgen ihr.

Läuft echt super. Am See-Ende stehen die Abiskojaure-Hütten.

Echt gemütlich: Großer Essens- und Kochraum, nebenan die Schlafräume. Überlegen zur Unna-Hütte zu laufen (24 km). Laut Hüttenwart soll das Wetter aber so bleiben. Bei unserem Tempo würden wir bis zur Hütte 2 Tage brauchen. Die Querung zum Alesjaure geht auf 1200 m hoch. Mit den Wuchtelpulkas und wahrscheinlich ungespurt sehr mühsam. Beschließen also dem Hauptweg zu folgen, der bis auf ca. 700 m ansteigt. Das Wetter reisst immer mehr auf.

Superschöne Abendlichtstimmung in den Birkenwäldern. Die vielfältigen Baumformen fasziniern mich. Mache unzählige Birkenbilder. Die sanften Bergrücken tauchen teilweise geheimnisvoll aus den Wolken auf. Eine riesige Weite, aber auch schon alpiner Charakter. Komme in Fotorausch. Als wir aus dem Wald kommen, sehen wir auf einer Anhöhe einige Rentiere.

Die Rentiere haben mich aber ziemlich schnell im Visier. Kann mich ihnen im Blickschutz eines Wäldchens bis auf ca. 200 m nähern. Als ich aber in die offene Ebene hinauskomme, werden sie unruhig. Mache einige Fotos. Sie heben sich als Silhouetten gegen den Himmel ab. Ich laufe noch etwas weiter, aber dann verschwinden sie hinter dem nächsten Hügel. Habe die Hoffnung, mich ihnen nun besser nähern zu können und erklimme ihren alten Rastplatz. Versumpfe dabei trotz Ski schier im Schnee. Öfters Wummgeräusche. Oben auf dem Hügel sind schöne flechtenbewachsene Felsen und eine wahnsinns weite Aussicht. Ein super Plätzle. Ich kann die Rentiere verstehen. Fotographiere.

Sieht in dem flachen Abendlicht superschön aus. Für's Tele sind sie aber zu weit entfernt. Beschließe deshalb, mich ihnen vorsichtig zu nähern. Die Rentiere beobachten mich aus sicherer Entfernung und lassen sich dann wieder zur Ruhe nieder. Ich kehre zur Pulka zurück, die ich auf dem Weg habe stehenlassen. Annette ist inzwischen weitergelaufen, um einen Zeltplatz zu suchen. Da es nun bergauf geht, felle ich an. Vor mir sind noch 2 Herkulesschweden, die ihre Pulka im Grätschschritt den Berg hochziehen. Für mich dürfte es nicht viel steiler sein. Die Pulka zieht ganz ordentlich nach hinten. Annette hat ein schönes Zeltplätzle mit Blick über das Tal und weit entfernte Berge gefunden.

Ihr Gestänge ist gebrochen, als sie rückwärts in ihre Pulka gefallen ist. Sie ist daher etwas gereizt. Langsam verschwindet die Sonne hinter der nächsten Bergkette. Ich hebe wieder einen super Kochgraben aus, ca. œ m tief. So können wir echt bequem sitzen.

Kochen gemütlich. Erst Paprikareis, dann Schoki und Blaubeersuppe (sehr gut!). Anschließend Waschorgie: Alle Luken dicht, Benziner läuft und wir stehen barbrüstig in der Apsis und entfernen unsere Salzkrusten. Tut echt gut. Abends in der Dämmerung hören wir viele Schneehühner, aber entdecken kann ich keine. Sie hören sich wie knarrende Türen an. Als es dunkel ist gehe ich noch raus und warte auf das Polarlicht. Es zeigt sich aber nicht.

-4°C, leichter Wind, fast klarer Himmel

Dienstag, 6. April

1°C, leichter Schneefall

Fangen um 6 Uhr an zu rödeln. Kommen um 10.40 Uhr los. Das Zeltleben ist sehr gemütlich. Immer wieder kommen Leute vorbei. Zuerst geht es noch ziemlich steil bergauf, dann wird's flacher. Der Schneefall wird immer stärker und es blässt ein relativ starker Südwind. Teilweise schöne Wolken- und Bergstimmungen.

Allerdings hüllen die Wolken bald alles ein. Wir legen eine Pause unter dem Biwaksack ein. Eine nette größere schwedische Gruppe mit originellen Holzpulkas überholt uns. Sie erkundigen sich nach unserem Vorhaben. Die Schweden scheinen weder Schuppenski noch Felle zu haben. Teilweise ziehen sie ihre Ski auf ihren Pulkas hinterher. Oder man sieht sie alle 100 m anhalten und die Ski wachsen. Deshalb holen wir die Gruppe auch immer wieder ein. Wir überqueren eine riesige Hochebene, echt cool.

Hier oben ist eine Rentier-Fangstation der Samen. Dann kommen wir an den Beginn einer Seenkette. In einiger Entfernung können wir eine Schutzhütte ausmachen. Zielstrebig steuern wir sie an.

Die Gruppe hat gerade ihre Pause beendet und zieht weiter. Die Hütte gehört einem Jägerverein und ist '96 gebaut worden. Annette kennt sie nicht Sehr nett, innen völlig mit Holz verkleidet und einem kleinen Yukonofen. Erst wollen wir hier nur pausieren, aber da der Barometer seit gestern abend um 20 mbar auf 994 mbar gesunken ist und das Wetter auch nicht gerade einladend aussieht, beschließen wir zu bleiben. Das Zelt wird gegenüber der Hütte aufgebaut. Kochen wollen wir in der Hütte. Annette passt das Ganze nicht so sehr. Sie wäre lieber noch ein Stück weitergelaufen. Ich heize erstmal den Yukonofen an. Dann schmelzen wir Schnee. Die Hütte entwickelt sich langsam aber sicher zur Sauna. Morgen wollen wir zügig starten und füllen deshalb alle verfügbaren Behälter mit Wasser oder Tee. Anschließend folgt eine ausgiebige Waschorgie samt Wäschewaschen. Es ist abartig warm in der Hütte. Ich muß mich konzentrieren nicht zu transpirieren. Selbst Annette verfällt in einen Waschwahn. Zitat Annette: “Schamhaare im Tee.” Bis 21 Uhr sind wir völlig in Action. Dann wird bei Kerzenlicht gemütlich Tagebuch geschrieben.

Der Südwind heult um die Hütte. Ich höre ein Schneehuhn.

-1°C, bewölkt, Südwind

Mittwoch, 7. April

-1°C, NW-Wind, gefühlsmäßig kälter wie gestern abend, White-out

Draußen hängen die Wolken ziemlich tief, keine Konturen erkennbar. Es bläst ein kalter Nordwestwind. Diese Nacht um 12 wurden wir plötzlich von Stimmen wach. Es hörte sich nach vielen Leuten an. Sie machten kurz Halt und liefen dann weiter. Das Knarksen der Skibindungen war noch lange zu hören. Wir frühstücken in der Hütte und kommen um 10 Uhr los. Strecke größtenteils eben, bis auf einige Hangabschnitte, wo auch noch wenig Schnee ist und wir um die Felsen mit unseren Pulkas herumzirkeln müssen. An einem Querhang überschlägt sich meine Pulka mal wieder. Jenseits vom Alesjaure am anderen Ufer ist ein Samendorf. Am See-Ende sind die Alesjaure-Hütten sichtbar. Dort wollen wir Mittagspause machen. Die Hütten liegen etwas erhöht auf einem Felsen. Kurz vor dem Erreichen der Hütten sehen wir auf dem See sechs Hundeschlitten. Bin jedesmal wieder begeistert. Kurz vor den Hütten zeltet ein Riesentrupp mit ca. 10 Hillebergs. Das ist der Tross, der uns diese Nacht überholt hat. Es ist Militär. In einer der netten Alesjaure-Hütten machen wir Mittagspause. Währenddessen zieht die Truppe weiter. Sie sind alle weiß gekleidet, haben weiße Rucksacküberzüge, Amundsenbindungen und weiße Pulkas. Als Begleitfahrzeuge haben sie 2 Scooter. Sie kommen mir wie Fjällgeister vor.

Es sind alles noch Jungs. Von der Hütte weg müssen wir einen steilen Hang hinunter. Wir nehmen die Pulkas vor den Bauch und gehen zu Fuß hinunter. In einiger Entfernung schlängelt sich die Truppe. Es geht nun über eine riesen Flußebene. Das Wetter hat sich etwas gebessert, die umliegenden Berge tauchen zeitweise verschleiert und sonnenbeschienen auf. Unterwegs finden wir eine grüne Militärjacke. Aber da sie schwer ist und wir nicht glauben, daß wir den Trupp noch einholen, lassen wir sie liegen. Ein cooles Schneehuhn läßt mich ziemlich nah herankommen. Nach ca. 1 Stunde kommen uns 2 Soldaten entgegen und fragen nach der Jacke. Nun ärgere ich mich, daß wir sie nicht mitgenommen haben. Landschaft schön. Aus einem Seitental kommt ein eisiger Wind und treibt Schneewehen vor sich her. Zum Zelten wollen wir in die nächste Talsohle. Hier kommt uns ein Wanderer mit Pulka-ziehendem Hund entgegen. Er kommt aus Norwegen und ist am 12. Januar in Lindenes (= südlichster Punkt Norwegens) gestartet. Sein Ziel ist das Nordkap. Sein Hund, ein kräftiger Malamut, ist ein totaler Schmusebär. Am Ende liegt er auf meinen Skiern und möchte am Bauch gekrault werden. Der Norweger braucht wahrscheinlich noch 4-5 Wochen bis zum Nordkap. Da er 2 Jahre in Aachen studiert hat, spricht er sehr gut Deutsch. Macht einen sehr sympathischen Eindruck. Nachdem wir völlig ausgekühlt sind, verabschieden wir uns voneinander. Die Pulka vom Malamut wiegt ca. 30 kg. Alsbald bauen wir das Zelt auf und gehen wieder unserem gemütlichen Zeltleben in der Kochgrube nach.

Der weiße Militärscooter saust noch Richtung den verlorenen Soldaten vorbei. Nach einiger Zeit kommt er zurück, ohne die beiden Jungs. Die wackeln einige Zeit später vorbei, mit wiedergefundener Jacke.

-7°C, leichter Schneefall, bläuliches Licht, Pastellberge, ca. 850 m

Donnerstag, 8. April

-7°C, Schneefall, 1003 mbar

Das Wetter hat wieder ziemlich dicht gemacht, erst leichter Schneefall, dann waagerecht von der Seite. Um 10.30 Uhr kommen wir los. Kurz vor dem Start kommen drei ältere Schwedinnen vorbei. Wir wackeln im White-out dem Tjäktapass (1140 m) entgegen, der höchste Punkt auf dem Kungsleden. Die drei Schwedinnen holen wir immer wieder ein, da sie ständig ihre Ski wachsen müssen. Sind ganz lustig.

-7°C, Schneefall, 1003 mbar

Das Wetter hat wieder ziemlich dicht gemacht, erst leichter Schneefall, dann waagerecht von der Seite. Um 10.30 Uhr kommen wir los. Kurz vor dem Start kommen drei ältere Schwedinnen vorbei. Wir wackeln im White-out dem Tjäktapass (1140 m) entgegen, der höchste Punkt auf dem Kungsleden. Die drei Schwedinnen holen wir immer wieder ein, da sie ständig ihre Ski wachsen müssen. Sind ganz lustig.

Die umliegenden Berge treten langsam aus den Wolken hervor. Annette fällt immer mehr zurück. Als sie ca. 1 km hinter mir ist, warte ich auf sie. Ihre Pulka hat gestollt und musste gewachst werden. Durch die Riesenebene nähern wir uns dem Pass.

Höhenmäßig haben wir das Gröbste hinter uns. Die Windschutzhütte auf dem Pass ist schon von weitem sichtbar.

Eine endlose Reihe roter Markierungskreuze zieht sich bis dorthin. Der letzte Stich hat es allerdings nochmals in sich. Durch 10 cm pulvrigen Neuschnee kämpfen wir uns nach oben. An der Hütte sind die drei Schwedinnen und ein Samenpaar. Die Sami sitzen gemütlich vor der Hütte auf Rentierfellen und bruzeln Pancakes. Witzeln mit den drei Schwedinnen herum. Sie sind nicht mehr die Jüngsten, aber voll gut drauf.

Wir machen erst mal ausgiebig Pause in der Hütte. Die Schwedinnen warnen uns vor der steilen Abfahrt Richtung Süden. Wir beschließen, uns die Abfahrt ohne Pulkas anzusehen und hier zu zelten. Bei Sonnenschein fahren wir ein Stück den Pass hinunter. Alpenmäßig betrachtet ist hier überhaupt nichts steil. Bei Sicht mit den Pulkas gut zu schaffen. Steigen wieder zur Hütte auf, das Wetter scheint immer besser zu werden. Als wir oben ankommen, kommen von der anderen Seite einige Scooter an. Machen etwas den Eindruck von wildgewordenen Motorradfahrern. Uns ist das etwas ungeheuer und wir warten ab, was die Herren vorhaben. Sie bechern jeder eine Dose Bier und dann geht's weiter. Annette baut nun das Zelt auf, ich kümmere mich um Ofen und Brennholzhacken. Nachdem das Öfelchen brennt, wird es schnell warm und wir machen es uns gemütlich.

Erneute Eintrübung, fast windstill, laut Wetterbericht soll es morgen regnen

Freitag, 9. April

-3°C, Schneefall, White-out

Heute ist es zum 1. Mal sonnig geworden. Morgens allerdings war ich gar nicht gut drauf. Beim Aufstehen stelle ich fest, daß es durch den Lüfter in meine Schuhe geschneit hat. Zweitens ist das Zelt wieder Modell Tropfsteinhöhle, drittens ist mein Schlafsack außen ziemlich feucht. Während des Frühstückens hört es auf zu schneien. Wir hängen die Schlafsäcke raus zum Trocknen. Es fängt, ohne daß wir es merken, fast zu regnen an, ergo sind unsere Schlafsäcke noch viel nässer wie vorher. Jetzt habe ich die Faxen dicke. Kurzerhand packe ich den Benziner wieder aus, hänge die Schlafsäcke in die Hütte und stelle den Benziner drunter. Das hilft. Sie sind ziemlich schnell trocken. Während des Trocknens kommen 2 Italiener mit Tourenkskien und machen Pause. Ihnen ist der fauchende Benziner wohl etwas unheimlich und sie ziehen bald weiter. Wir kommen um ca. 10.40 Uhr los. Kurz vor dem Aufbruch kommen noch zwei junge Schweden. Der eine spricht sehr gut Deutsch. Er hat œ Jahr in Brachenreute bei Überlingen als Kinderpfleger gearbeitet. Schon witzig. Die zwei sind echt nett. Ein Same kommt mit einem Scooter von Süden hoch und meint, daß 6 Hundeschlittengespanne im Anrollen sind. Wir sollen doch bitte mit der Abfahrt warten, bis sie oben sind. Warum, kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Offensichtlich glaubt er, daß wir auch Hunde haben. Jedenfalls sind bei ihm einige Hündinnen läufig und es herrscht deswegen wohl eh schon Chaos.

Zusammen mit den Schweden starten wir zur Passabfahrt. Die Nacht hat es ca. 30 cm Neuschnee gegeben. Das ist ganz gut, so driften die Pulkas nicht ab und bleiben schön in der Spur. Einer der Schweden hat richtige Amundsen-Holzski mit Kabelbindung. Ihm stollen wohl dauernd die Ski. Wir sind viel eher den Hang unten wie sie. Es läuft ein ganzes Stück angenehm bergab. Irgenwann überholen uns die beiden Schweden wieder. Richtung Süden entsteht durch partielle Sonnenflecken eine überirdische Stimmung, völlig abartig! Stehen nur noch da und staunen.

Die Sonnenflecken vermehren sich. In einem Seitental hängen oben an den Graten riesige Wächten. Auf den Gipfeln geht der Punk ab. Überall Schneeverfrachtungen. Das Wetter wird immer besser. Der Wind treibt Schneefahnen vor sich her. Nach einem Hügel stehen wir plötzlich vor den Sälka-Hütten (835 m). Sie sind echt nett.

Quer durch das ganze Tal zieht sich auf Höhe der Hütten ein Fangzaun, so daß man bei Schlechtwetter auf jeden Fall die Hütten findet. Hinter einer Hütte im Windschatten und in der Sonne (!) machen wir Pause.

Vorher pirsche ich mich aber noch an zwei coole Schneehühner ran (Männchen und Weibchen), um sie zu fotographieren. Es sind wirklich schöne Tiere. Sie laufen immer ganz bedächtig mit ihren befederten Füßen. Der Hahn gibt hin und wieder knarrende Geräusche von sich. Sie sind schon in Balzstimmung.

Die Sonne brennt abartig auf der Haut, trotz mehrerer Schichten Sonnencreme. Wir genießen die Wärme, den blauen Himmel und die Sicht. Um uns herum schwirren immer einige Schneefinken. Auch sie werden auf Celluloid gebannt.

Schöne Vögel. Die beiden Schweden haben hier auch pausiert und halten nun noch ein Schwätzchen mit uns. Dann brechen sie auf. Wir sonnen uns noch ein bißchen, wer weiß, wann wir die Sonne wiedersehen, denn es beginnt schon wieder zuzuziehen. Inzwischen ist noch eine komplette Familie von der Tjäktahütte eingetroffen. Der Vater unterhält sich mit uns, sehr nett. Überhaupt finde ich die Schweden angenehm und offener wie die Norweger. Als es immer mehr zuzieht, laufen wir weiter. Ruckzuck sind wir wieder in dichten Nebel gehüllt. Aus einem Seitental Richtung Nallo kommen noch einige Skifahrer. Das Gebiet hier ist sehr schön, bei gutem Wetter könnten wir einige schöne Tagestouren machen. Wir treffen bald wieder auf die Schweden. Der “Dünne” hat wohl Bauchschmerzen. Wir laufen zusammen weiter. Hin und wieder wird es wieder etwas heller. Mystisch tauchen die Berge aus den Wolken auf. Es geht viel bergab. Irgendwann können wir den nächsten Windschutz (Kuoperjakka, 760 m) sehen. Hier wollen wir wieder zelten (15 km vom Tjäktapass). Zusammen mit den Schweden sitzen wir noch gemütlich in der Hütte, bevor sie weiterziehen. Sie wollen am Kebnekaise eine 2-tägige, geführte Tour mit Schneehöhlenübernachtung unternehmen (DM 200/Kopf). Annette haben die zwei wohl gefallen. Wir gehen wieder zum gewohnten Hüttenleben über. Der Benziner heizt die ganze Hütte gut auf. Schönes Abendlicht draußen. Später heult der Wind um die Hütte.

Zeitweise starker Schneefall, relativ starker Wind, 980 mbar

Samstag, 10. April

-5°C, größtenteils blau, nachts starker Wind

Trotz Moskitonetz im Lüfter ist wieder Schnee in der Apsis. Auf meiner Seite zwischen Innen- und Außenzelt türmen sich ca. 20 cm Schnee, alles reingeblasen. Wir hatten zur besseren Belüftung vorne und hinten etwas gegraben, das hat der Wind gleich ausgenützt. Das Wetter scheint heute zum ersten Mal schön zu werden. Nach dem Frühstück beschließen wir, den Mádir (1078 m) zu erklimmen. Wir queren die Flußebene und steigen, die schneebeladenen Hänge meidend, dem Gipfel entgegen.

Teilweise Triebschnee und brüchige Eisplatten. Immer mehr Berge schälen sich aus den Wolken. Die Rundumsicht wird immer besser. Von Norden bläst ein eiskalter Wind. Um den Kebnekaise scharen sich einige recht alpine Berge. Auf dem Gipfel ist es sehr schön.

Wir können den Kebnekaise sehen. Nach Süden sehen wir die Singi-Hütten und ein Samendorf sowie einen schönen Flußlauf, teilweise gesäumt von Birken. Nach Südwesten erstreckt sich eine sanfte Hügellandschaft. Sieht auch schön aus. Nach Norden können wir bis zum Tjäktapass sehen und ins Nallotal. Im Windschatten machen wir es uns gemütlich und genießen die Aussicht und die Sonne.

Die Sonne brennt wieder wahnsinnig auf der Haut. An meiner Oberlippe bilden sich die ersten Herpesbläschen trotz dauerndem Einschmieren. Treten dann den Rückzug an. Fahre ganz vorsichtig. Schnee beschissen. Laufen wieder zur Hütte zurück. Als wir dort ankommen, fährt ein ganzer Hornissenschwarm Scooter vorbei. Ätzend! In der Hütte sind Sachen der zwei Italiener. Sie sind zum Kebnekaise unterwegs. Annette möchte noch in ein Tal nordöstlich der Hütte laufen. Müssen an ziemlich großen Hängen vorbei. Gefällt mir nicht so. Kehren bald wieder um. Am Mádir glänzen die Eisplatten in der Nachmittagssone.

Sieht schön aus. Annette macht noch einen weiteren Ausflug, ich kehre zum Zelt zurück. Da die Sonne genau ins Zelt scheint, setze ich mich hinein und sehe eine Weile den ziehenden Wolken zu. Als es mir zu kalt wird, verkrieche ich mich im Schlafsack.

Bald kommt Annette zurück. Inzwischen sind auch die zwei Italiener zurück: Ganz happy, sie waren am Gipfel. Haben insgesamt 8 œ Stunden gebraucht. Auch die Familie von den Sälkahütten ist da. Sie sind auch in das Tal zum Kebnekaise getourt. Wenn das Wetter morgen mitmacht, wollen sie zum Kebnekaise, Auch wir wollen morgen angreifen. Schönes pastellfarbenes Abendlicht. Um 20 Uhr sind es bereits -10°C. Das kann kernig werden.

-13°C

Sonntag, 11. April

-14°C, fast wolkenlos

Annette muß nachts raus zum Strullen. Sie meint am Himmel einen breiten Kondensstreifen erkennen zu können, aber ohne Brille ist das so eine Sache bei ihr. Da ich auch noch pinkeln muß, werfe auch ich einen Blick auf den vermeintlichen Kondensstreifen. Ich bin mir sofort sicher ein Polarlicht vor mir zu haben. Ein breiter Streifen zieht sich von Westen nach Osten über den ganzen Himmel. Er steht geanu über der Hütte und ist leicht grünlich. Dann kommt die ganze Sache in Wallung. Immer wieder entstehen neue Lichtflecken am Himmel, die nach allen Seiten “spritzen” (vergleichbar mit spritzenden Farbflecken). Eine wahnsinns Stimmung. Allerdings ist es nicht ganz dunkel. Das Ganze wirkt wie wabernde Vorhänge. Ich bin so begeistert, daß ich meinen Schlafsack samt Isomatte aus dem Zelt zerre und mich draußen hinsetze. In allen Himmelsrichtungen kann man immer wieder neue Spots entdecken, die sich entweder ausbreiten oder gleich wieder verschwinden. Allerdings wird es nicht mehr so intensiv wie am Anfang. Nachdem mir fast die Nase abgefroren ist und das Schauspiel auch nachläßt, ziehe ich mich wieder ins Zelt zurück. Aber zurück zum Morgen. Ein strahlender Tag. Genau richtig für den Kebnekaise. Um 9.30 Uhr (Ausgangshöhe 760 m) geht's los. In der Sonne ist es richtig warm. Anfangs verfransen wir uns etwas in einem steilen Hang, ehe wir auf den richtigen Weg stoßen.

Durch eine Engstelle hindurch gelangen wir in ein sich weitendes Tal, das Singivággi. Rechts und links ragen steile, schneebeladene und verblasene Hänge auf. Wir kommen zu einer ziemlich flachen Stelle, umrundet von steilen, hohen Mulden. Ich taufe sie Amphitheater. Nun schwenken wir nordostwärts und folgen dem Tal aufwärts. An den Graten hängen riesige Wächten. Bei einem Päusle stellen wir fest, daß wir bereits auf ca. 1300 m sind, also noch ca. 800 Höhenmeter bis zum Gipfel. Vor uns liegt eine etwas heikle Hangquerung. Annette wird es etwas mulmig und sie schlägt vor, daß wir ja auch woanders hoch könnten. Ich bin davon aber nicht so begeistert, da ich mir denke, daß es jetzt nicht mehr weiter wie zur Matona ist. Vorsichtig nähern wir uns also dem Steilhang. Ich halte mich möglichst unterhalb von Felsinseln. Den Steilhang sind gestern wohl die Italiener runtergefahren. Bis jetzt kann ich keine verdächtigen Schneebrettwarnzeichen feststellen, außer daß alle Hänge dünenartig verblasen sind. Nun muß ich noch durch eine triebschneebeladene Rinne. Auf der anderen Seite ist ein rettender Rücken. Da ich bis jetzt keine kritischen Anzeichen feststellen konnte quere ich die Rinne. Annette wartet unterhalb einer Felseninsel. Sie möchte lieber zurück. Ich rede ihr gut zu und sie zieht nach. Nun gelangen wir in einen Sattel. Annette macht hier Skidepot. Ich folge den Italienerspuren mit Ski. Allerdings muß ich bald selber spuren, da mir ihre Spur zu steil wird. Annette kämpft sich zu Fuß bergan. Es ist ziemlich steil. Immer wieder taxiere ich kritisch den Hang über mir. Aber heute sind auch schon 3 Leute aufgestiegen, den Spuren nach richtige Herkulesse. Verblasener Schnee wechselt mit Eisplatten. Irgendwann wird es etwas flacher. Die Felsen sind von einer dicken, verblasenen Eisschicht umhüllt. Sieht sehr bizarr aus. Auch die Schneeoberfläche ist damit gespickt. Die nahe am Grat liegende Schutzhütte ist genauso eisgepanzert und kaum als solche zu erkennen. Sie sieht wie eine verwunschene Märchenhütte aus.

Hier lasse auch ich meine Ski zurück. Ich habe großen Durst und trinke kurz etwas. Dann folge ich Annette's Spuren. Ich bin so fertig, daß ich immer öfter stehenbleibe. Kurz bevor wir die Ebene vor dem Gipfelhütchen erreichen, treffen wir wieder unsere zwei schwedischen Freunde. Sie sind am Absteigen. Wir unterhalten uns nochmals kurz. Ich soll den Bodensee grüßen. Dann wackeln wir dem Gipfelhang entgegen. Nochmals ein steiler Stich und wir stehen um 17 Uhr auf dem Dach Schwedens, 2117 m hoch.

1400 Höhenmeter liegen hinter uns. Eine wahnsinns Aussicht und ein super Abendlicht.

Nach Osten flachere, sehr sanfte Hügel, im Norden richtig alpine Zacken, nach Südwesten Sarek und nach Westen sanfte Berge. Die Sonne steht nicht mehr hoch und es bilden sich schon viele Schatten, was dem Ganzen mehr Kontur verleiht. Wir fallen beide fast um. Nach œ Stunde treten wir den Rückweg an. Es kommen immer noch Leute hoch. Annette versucht sich mit meinen Ski, gibt aber wegen den Eisplatten schnell auf. Also schnalle ich meine Ski an den Rucksack und stolpere bergab. Immer wieder bleibe ich mit den Ski im Schnee hängen. Nervig. Bei Annette's Skidepot schnallen wir wieder an und tasten uns vorsichtig am Hang entlang zurück. Annette meint, für die Talabfahrt sollten wir noch die Ski wachsen, aber die Ski kleben anschließend eher. Wahrscheinlich ist der Schnee zu kalt. Also schieben wir mehr oder weniger das Tal hinaus, großenteils schon im Schatten. Es zieht sich ganz schön. Auch der Weg zur Hütte hat es nochmals in sich. Um 20.15 Uhr sind wir wieder zurück, fix und fertig, aber sehr zufrieden. 10 Stunden und 45 Minuten waren wir unterwegs. Wir schütten jeder Unmengen Flüssigkeit in uns hinein.

Um 24 Uhr sind es -16°C und sternenklar, fast windstill.

Montag, 12. April

Schreiben vor der Hütte in der Sonne Tagebuch. Um 13 Uhr wackeln wir Richtung Singi davon. Wollen etwas südlich von den Hütten zelten. Kurz vor den Singi-Hütten machen wir ein Mittagspäusle. Schöne Landschaft mit Felsen und vereinzelten Knorpelbirken.

Vor den Hütten am Fluß ist ein Samendorf. Ich mache einen Abstecher dorthin und schaue es mir an.

Das Brennholz sieht wie ein Wigwamgestell aus. Zwischen den Holzhütten finden sich auch einige Koten.

Das Gestrüpp der Flußebene weckt wilde Alaskavisionen in mir. Fotographiere viel. Schöne Lichtstimmungen. Gefällt mir echt super heute.

Könnte noch ewig weiterlaufen. In einer riesigen Flußebene bauen wir neben einem “Hünengrab” das Zelt auf.

Wir kochen auf dem Hügelchen in der Abendsonne. Echt schön. Als die Sonne hinter dem Berg verschwindet sticht Annette sofort mit den Skien los. Ich räume noch etwas auf. Das Thermometer sackt auf -17°C. Ich laufe dann auch noch Richtung sonnenbeschienenem Rücken.

Schnee anstrengend, harte Windplatten, nicht so lohnend. Kehre um. Let's have an ice party tonight.

-17°C, 700 m, windstill und klar

Dienstag, 13. April

-14°C, fast windstill, sonnig mit etwas Bewölkung

Knacken fast bis um 8 Uhr. Gestern abend wollte meine Hüfte nicht warm werden, war ziemlich ätzend. Frühstücken vor dem Zelt in der Sonne.

Wollen heute nach Süden zum Kaitumjaure laufen. Starten um 10 Uhr. Zwischen 2 grösseren Bergen hindurch geht es auf der großen Flußebene immer leicht bergab. Am Ende der Ebene fängt langsam lichter Birkenwald an, der bald in dichteren übergeht.

Schöne Stimmung hier. Es geht nun merklich bergab. Wir erklimmen einen kleinen Aussichtshügel und sehen plötzlich die Hüten von Kaitumjaure.

Hätte sie viel näher am See vermutet. Von hier oben haben wir einen sehr schönen Blick nach Osten auf den Kaitumjaure

und nach Südwesten auf den Weiterweg des Kungsleden. Vom Kaitumjaure aus geht es südwärts über sanfte weite Bergrücken weiter. Sieht ganz interessant aus. An den Hütten machen wir im Windschatten Pause. Ein Musher mit seinem 8-köpfigen Huskyteam fährt vor. Ist echt ein Original. Er ist heute 50 km vom Alesjaure hergekommen und hat für die Strecke 5 Stunden benötigt, also so im Schnitt 10 km/h. Die Hunde sind teilweise müde, teilweise wollen sie noch rennen.

Ich streichle alle. Sind ganz lieb, wie immer. Der Musher meint, 80 km wäre so ihr Limit. Nach dem Päusle treten wir den Rückweg an. Querfeldrein laufen wir durch den Birkenwald. Im Nu haben wir die Höhenmeter wieder wettgemacht. Ist superschön, so ohne Spur im Gelände.

Tolle Stimmung hier im Wald. Viele Ptarmigan-Spuren. Ich meine auch Vielfraßspuren zu sehen. Für einen Fuchs sind die Abdrücke zu groß.

Außerdem Hasenspuren. Versuche einige Spuren fotographisch einzufangen. Komme vor lauter Fotographieren kaum vorwärts.

Als ich wieder auf die Ebene komme, kommen mir einige Scooter entgegen. Der letzte hält ein Stück vor mir und macht Anstalten, sich mit mir zu unterhalten. Er ist sehr nett und arbeitet hier als Ranger. Er fragt, ob ich den toten Moose gesehen habe. Habe ich nicht, aber die Raben, die sich vermutlich von ihm ernähren. Wahrscheinlich ist er von einem Wolverine (Vielfraß) gekillt worden. Sind wohl ganz kräftige Tierchen. Ich erzähle ihm von den Spuren, und er meint, das könnten durchaus Vielfraßspuren sein. Dann steigt er von seinem Scooter und erklärt mir die Spuren von Vielfraß und Luchs im Schnee: 5 Zehenabdrücke ist Vielfraß, 4 = Luchs. Dann haben's wir noch von den wildgewordenen Scooterfahrern, die hier herumsausen. Sie fahren oft senkrecht irgendwelche steilen Hänge hoch. Es wundert mich, daß nicht mal einer von einer Lawine erschlagen wird. Wir verabschieden uns und ich setze meinen Weg fort. Die Strecke durch die Ebene zieht sich ganz ordentlich. Wir laufen immer auf dem Fluß. Teilweise hat sich das Eis richitg aufgewölbt. Um 18 Uhr sind wir wieder am Zelt. Inzwischen hat es sich etwas zugezogen und es schneit leicht. Wind aus Süden.

-7°C, leichter Schneefall, S-Wind, bis 22 Uhr ziemlich hell

Mittwoch, 14. April

-6°C, Ostwind, Schneetreiben, White-out

Der Schnee kommt quer von Osten.

Wir wollen heute die Kebnekaise-Fjällstation erreichen. Der Klogang im eiskalten Wind erweist sich als äußerst eklig. Beim Zeltabbau heben wir fast mit dem Zelt ab. In Singi stärken wir uns nochmals für den windigen Weg.

Dann geht's los. Hin und wieder tauchen Nebelgestalten aus dem Schneetreiben auf. Meine Sturmhaube ist zum ersten Mal voll im Einsatz. Backen und Kinn sind gut geschützt, bewährt sich. Gott sei Dank ist der Gegenwind nicht allzu kalt. Oben auf der Passhöhe fegt der Wind den Schnee nur so über die Felsen. Sieht schon cool aus. Rechts und links erheben sich hohe Felswände, leider sieht man nicht allzuviel (Rippenberg und Finsteraarhorn-Ostwand). Nach der Engstelle weitet sich das Tal wieder. Machen kurz Päusle hinter einem dicken Fels. Der Weg zu den Hütten zieht sich unendlich. Zum Schluß müssen wir wieder bergan. Der Schnee ist hier schon ziemlich rar. Die Fjällstation besteht aus mehreren relativ großen Hütten und einigen kleinen. Bin ziemlich wuchtig. Aber als wir in der Reception sind, legt sich der Groll wieder.

Sehr gemütlich alles; es gibt hier einige gute Einrichtungen: Laden mit vielen nützlichen Sachen, Telefon, Duschen (!), Kleiderwaschmöglichkeit, Küche, gemütliche Sitzgelegenheiten und eine Sauna. Nachdem wir unser Lager bezogen haben, gehen wir erstmal ausgiebig duschen und dann saunieren. Tut saugut. Dann wird die Tageskleidung gewaschen. Anschließend kochen wir gemütlich in der großen Küche. Ich genieße die Gemütlichkeit und Wärme. Telefoniere ausgiebig für DM 1 mit Marco. Erkunde dann noch die Haupthalle mit den Prospekten. Um 23.30 Uhr gehe ich ins Bett.

Donnerstag, 15. April

-2°C, starker Schneefall, White-out

Es schneit immer noch wie die Wutz. Stehe um 6 Uhr auf und putze meine Schuhe. Dann wird wieder gemütlich gefrühstückt. Von den Räumlichkeiten her komme ich mir wie im Hotel vor. Wollen heute bis zum Windschutz 5 km vor Nikkaluokta laufen. Kommen um 11 Uhr los. Ein kurzes Stück ist die Strecke noch wintermarkiert, dann folgen wir den Scooterspuren. Leider sieht man von der Landschaft überhaupt nichts. Es geht durch lichten Birkenwald. Ein Militärtrupp wird mit Raupenfahrzeug rausgezogen. Machen unter Biwakplane Päusle.

Am Seeende suchen wir in einem Samidorf nach der Windschutzhütte, finden sie aber nicht. Es hat mindestens 30 cm Neuschnee. Beschließen vollends nach Nikkaluokta rauszulaufen, noch 5 km. Verhakeln uns mal kurz mit den Spuren, eine verschwindet im Wald, wahrscheinlich bei Trapper Ben. Weg zieht sich, in den offenen Ebenen habe ich Schwierigkeiten, überhaupt noch irgendetwas zu erkennen. Die Scooterspuren schneien ziemlich schnell zu. Zeitweise laufen wir an einem aufbrechenden Fluß entlang, dem Läddjujokka. Die Eisschicht ist mindestens 50 cm dick. Ca. 3 km vor Nikkaluokta beginnen wieder Bodenwellen, eine an der anderen, völlig nervig mit der Pulka, komme nur im stop-and-go-Rhythmus voran. Werde ziemlich wuchtig. Dann taucht plötzlich ein Rentiergehege auf. Fotographieren im Schneetreien die Tiere.

Sie sind neugierig und kommen an den Zaun. Viele haben nur ein Horn auf dem Kopf. Kulleraugen schauen uns an. Nukkaluokta könnte auch irgendwo in Alaska sein. Verwaiste Autos stehen herum, in der Landschaft versprengte Hütten. Laufen zum Hauptgebäude in Nikkaluokta, einem großen, schönen Holzbau mit Cafeteria, Galerie und Laden.

Nebenan stehen lauter kleine Holzhäuschen, sehen gemütlich aus. Fragen in der Cafeteria nach einer Unterkunftsmöglichkeit, da wir völlig naß sind. Bekommen Hütte Nr. 7. Sind ganz glücklich und nehmen sie gleich in Besitz.

Innen wie außen sehr gemütlich, Preis/Kopf SKr 170. Mollig warm. Gehen duschen und köcheln dann. Schlafe bald ein. Haben heute 20 km hinter uns gebracht.

Freitag, 16. April

Starkes Schneetreiben, starker Ostwind

Draußen stürmt es wie die wilde Wutz. Der Schnee ist ziemlich pappig geworden. Die Temperatur muß im Positiven liegen, da es fast regnet. Überlegen, ob wir den Bus um 12 oder um 17.50 Uhr nehmen sollen. Aufgrund des schlechten Wetters entschließen wir uns für den 12-Uhr-Bus. In den anderen Hütten sind viele Scooterfahrer untergebracht. Immer wieder krachen Dachlawinen runter, es taut ganz ordentlich. Nach dem Frühstück unternehmen wir noch einen kleinen Ausflug zur Kirch von Nikkaluokta und ins Zentrumhaus, wo eine Galerie, eine Cafeteria und ein kleines Lädele ist.

Zwischen den kleinen Hütten werden die Schneefahnen hin und her gepeitscht. Genehmigen uns in der Cafeteria Schokoladeboller mit Rumgeschmack und einen Schokonußkuchen, schmeckt echt gut. An einem Nachbartisch nimmt ein kleiner, älterer, dicker Mann Platz, der uns ständig angrinst. Als wir zum Bus aufbrechen, spricht er uns an. Ich meine, ich verstehe nur Englisch. Daraufhin meint er, er sei Sami und könne kein Englisch und grinst ganz sympathisch weiter. Sehr nett. Der Bus hat hinten einen riesigen Gepäckraum. Die Pulkas finden gut Platz. Das erste Stück Straße ab Nikkaluokta ist mit meterhohen Schneewehen zugeschüttet. Der Bus kämpft sich rumpelnd hindurch. Bald beginnt Kiefernwald, echt schön. Wir sehen die Wegmarkierung, die beim Alesjaure abzweigt und nach Arosjakk führt (ca. 65 km, keine Hütten). Geht auch durch Kiefern- und Birkenwald. Im Wald verstreut stehen immer mal wieder einzelne, in freundlichen Farben gestrichene Holzhäuser. Hat etwas von Alaska. Man kann keineswegs von einer dichten Besiedlung sprechen. Kaum Verkehr. In Kiruna hält der Bus am Bahnhof und an der Busstation. Fahrzeit ca. 1 Stunde, ca. 60 km. Dort steigen wir aus und ziehen die Pulkas bis zum Youth Hostel. Der Neuschnee reicht so gerade. Hin und wieder hat die Pulka Teerkontakt. Vom Youth Hostel aus geht's in die Stadt. Wir klappern nochmals die Sportgeschäfte ab, aber nichts Aufregendes zu entdekcen. In einem Laden ist ein Keron 3 GT, ein mords Brocken. Auch nicht billiger wie bei uns. Anschließend kaufe ich mir noch Blabärsuppe und Fladenbrot. In dem Souvenirladen gegenüber vom ICA erstehe ich ein Rentierfell. Ich finde eins, dessen Leder ziemlich sauber ist. Bei den meisten hängen noch Blut und Fleischreste dran. Angeblich kommen die aus der Schlachterei. Ich taufe es Yokkmokk.

Zurück im Youth Hostel merke ich, daß Yokkmokk ganz schön muffelt. Aber das Fell ist wahnsinnig dick und besteht aus hohlen Haaren zur besseren Wärmeisolierung. Die Leute hier verwenden die Felle oft als Isomatte draußen im Schnee. Abends sitze ich auf meinem Fell und schreibe fleißig Postkarten. Yokkmokk haart und muffelt. Das Wetter hat sich heute abend gebessert. Die Sonne scheint und es klart immer weiter auf. Vielleicht haben wir ja morgen schönes Wetter. Dann wollen wir westlich von Kiruna noch eine Tour machen. In der Karte ist sie als wintermarkiert gekennzeichnet.

Fast klarer Himmel

Samstag, 17. April

Noch etwas bewölkt, aber auch schon sonnig, Südwind

Stehen um 6 Uhr auf und starten um 8 Uhr zu unserer letzten Fjälltour. Die Sonne scheint, es wird ein schöner Tag. Bewegen uns zum Bahnhof, dann über die Gleise und auf der anderen Seite treffen wir auf eine Scooterspur. Durch 2 Unterführungen unter Gleisen hindurch geht es auf den See hinaus. Am Seende sitzen einige Samen beim Eisfischen. Sie haben sich Schneemauern als Windschutz gebaut, einen Eisbohrer und eine kleine Eisangel dabei. Leider können die meisten Sami kein Englisch, so daß die Verständigung schwierig ist. Viele haben ihren Yokkmokk dabei. An einem verlassenen Eisloch prüfen wir die Eisdicke. Annette's Skistock erreicht voll ausgefahren nicht das Ende, also mindestens 150 cm dick.

Eine Sami empfiehlt uns eine Tour zu einer Hütte, wo man auch etwas essen kann. Kurz nach dem Seende beginnt eine markierte Loipe zum Ädnamnavaare (780 m, 7,5 km).

Durch lichten Birkenwald, Sonne und Neuschnee geht es durch arktische Weite. Im Norden sind Berge zu sehen.

Sehr schöne Stimmung im Birkenwald. Die Scooter haben ihre eigene Spur. Annette ist weit voraus. So nervt sie schon nicht rum. In einer großen offenen Ebene genieße ich das Alleinsein und die arktische Atmosphäre. Alaska flackert auf. Irgendwann kann ich die Hütte oberhalb der Baumgrenze und unterhalb des Ädnamnavaare erkennen. Der Weg zieht sich nun höher am Hang entlang. Sehr schön. Annette wartet an der Hütte. Die vorbeifahrenden Scooter nerven. Wir vespern und setzen dann zum Gipfelsturm an. Oben wieder ziemlich vereist und ein wahnsinns Wind. Habe Sturmhaube und Goretexhandschuhe an. Tolle Aussicht auf die Ebene und die Berge im Norden und Westen.

Nach Süden und Osten meistens flach. Stehen mindestens œ Stunde da und stauenen. Nervige Scooter mit Halbstarken kommen vorbei. Wäre auch gutes Pulkagelände. Ein mit schwarzen Pfosten markierter Weg führt nach Westen. Nach der Abfahrt machen wir in der Hütte halt und trinken heiße Schokolade. Um 16 Uhr treten wir den Rückweg an und sind um 17 Uhr wieder am See. Super schöne Nachmittagslichtstimmung. Die weißen Birkenstämme leuchten gegen den blauen Himmel in der Nachmittagssonne.

Nach einem kurzen Päusle queren wir wieder den See

und landen am Bahnhof. Dort herrscht buntes Treiben. Die Leute warten auf den Nachtzug nach Stockholm.

Sind um 19 Uhr wieder im Youth Hostel. Es war noch eine superschöne Abschlußtour, echt lohnend.

Klarer Himmel, es taut

Sonntag, 18. April

Stratusbewölkung, einsetzender Schneefall

Heimflug.

ENDE

I will come back!